Nach der Rede von US-Außenminister John Kerry hat sein deutscher Amtskollege Guido Westerwelle für eine geschlossene Haltung der internationalen Gemeinschaft in der Syrien-Frage geworben. "Wir werden weiter intensiv mit unseren Verbündeten und Partnern beraten und uns für eine geschlossene Haltung der Weltgemeinschaft einsetzen", sagte Westerwelle am Freitagabend der "Welt am Sonntag".
Die von Kerry vorgebrachten Argumente wögen schwer und wiesen klar in Richtung des Assad-Regimes, fügte Westerwelle hinzu. "Sie sind plausibel. Jeder sollte sie ernst nehmen." Der FDP-Politiker betonte: "Umso mehr setzen wir uns jetzt dafür ein, dass die Untersuchungen der Vereinten Nationen so schnell wie irgend möglich abgeschlossen werden." Nach Informationen der "Welt am Sonntag" haben Kerry und Westerwelle unmittelbar nach der Rede des US-Außenministers miteinander telefoniert.
Zuvor hatte sich Deutschland erstmals mit deutlichen Worten eine Beteiligung an einem Militärschlag gegen das Assad-Regime ausgeschlossen. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin: "Es ist nie ein militärisches Engagement in Betracht gezogen worden." Es habe bei der Bundesrepublik auch keine Anfragen nach einem militärischen Engagement gegeben. Die Hoffnung der Bundesrepublik ruht nun darauf, dass Russland und China ihren Widerstand im UN-Sicherheitsrat aufgeben und doch noch eine diplomatische Lösung möglich wird.
Seibert wollte allerdings keine Festlegung treffen, ob Deutschland einen Militärschlag etwa der USA politisch ablehnen würde. Ziel sei es, eine möglichst einstimmige Haltung im UN-Sicherheitsrat zu erhalten. Der Giftgas-Angriff sei ein eindeutiger Verstoß gegen das Völkerrecht.
"Dieser darf nicht ohne Konsequenzen bleiben. Wir hoffen, dass niemand im UN-Sicherheitsrat die Augen verschließt vor einem solchen Verbrechen", betonte Seibert.
Allein die Linke entsagt sich
Der parlamentarische Geschäftsführer der Union im Bundestag, Michael Grosse-Brömer (CDU), sagte dem Radiosender ffn, der von Großbritannien eingeschlagene Weg, weiter nach einer politischen Lösung zu suchen, sei "richtig". Es gebe sinnvolle Regeln für ein völkerrechtliches Vorgehen.
Damit unterscheiden sich die Standpunkte der Parteien in Deutschland in der Syrien-Frage nur in geringem Maße: Vertreter aller Parteien weisen auf die schweren Vorwürfe an das Assad-Regime hin. Diese könnten nicht einfach ignoriert werden, wenn sie sich bewahrheiten.
Aus dem Kreis der im Bundestag vertretenen Parteien entsagt sich allein die Linke jeglicher Unterstützung für einen möglichen Militärschlag gegen Syrien.
Die Linke forderte die Regierung auf, sich generell gegen einen Militärschlag zu stellen. Linke-Chefin Katja Kipping schrieb beim Kurznachrichtendienst Twitter: "Die Logik der Gewalt scheitert immer."
Peer Steinbrück legt Sechs-Punkte-Plan vor
Parteivize Jan van Aken forderte Kanzlerin Merkel auf, sich gegen eine mögliche militärische Intervention zu stellen: "Es kann nicht sein, dass die deutsche Bundesregierung zu einem möglichen Militärangriff unter Führung der USA weiterhin stillschweigende Zustimmung signalisiert", sagte van Aken.
Deutlicher werden mittlerweile die Töne der SPD zur Haltung der Bundesregierung. Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hält eine militärische Intervention für "falsch" und hat einen Sechs-Punkte-Plan zum diplomatischen Vorgehen in dem Konflikt vorgelegt.
"Hundert Stunden Verhandlungen sind besser als eine Minute Schießen", zitierte Steinbrück den früheren SPD-Kanzler Helmut Schmidt. Zugleich warf Steinbrück der Bundeskanzlerin "Fehler in der deutschen Außenpolitik" vor.
In einem Interview sagte Steinbrück zudem, dass er das Thema Syrien für den Wahlkampf nicht instrumentalisieren wolle. Aber: "Es beschäftigt die Menschen. Und damit ist es automatisch auf der Tagesordnung."
Trittin fordert USA zum Abwarten auf
Steinbrück forderte, den G-20-Gipfel kommende Woche in St. Petersburg für Gespräche über Syrien zu nutzen. Er schlug die Bildung einer Vierergruppe vor, der neben dem UN-Generalsekretär die Präsidenten Russlands, der USA und der Arabischen Liga angehören sollen.
Diese soll auf eine Waffenruhe von 72 Stunden dringen, um einen Zeitkorridor für humanitäre Hilfen zu eröffnen. Regierungssprecher Seibert sagte dazu: "Ich bin sicher, dass das Thema Syrien bei dem G20-Treffen in St. Petersburg eine Rolle spielen wird."
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin forderte die USA auf, den Bericht der UN-Inspektoren abzuwarten. "Die US-Regierung wäre gut beraten, die Verfahren einzuhalten, die das Völkerrecht vorsieht", erklärte Trittin. "Jedes einzelne Agieren delegitimiert die Völkergemeinschaft."
Er betonte, dass Deutschland alles dafür tun müsse, dass eine Reaktion auf Basis des Völkerrechts erfolge. Das Nein des britischen Parlaments zu einem Militäreinsatz in Syrien begrüßte er. Eine Intervention könne eine Eskalation im syrischen Bürgerkrieg nicht verhindern.
"Auch in Großbritannien ist begriffen worden, dass es eine angemessene Reaktion auf den Giftgaseinsatz in Syrien geben muss." Es sei ungenügend, "dabei einseitig und ausschließlich auf eine militärische Antwort zu setzen".
Mehrheit der Deutschen lehnt Militärschlag ab
Auch die Bevölkerung steht einem möglichen Militärschlag skeptisch gegenüber. Eine Mehrheit der Deutschen lehnt eine Beteiligung der Bundesrepublik an einer möglichen Intervention in Syrien ab.
62 Prozent sind der Meinung, Deutschland sollte sich auf keinen Fall an einem Militärschlag gegen das syrische Regime von Präsident Baschar al-Assad beteiligen, wie aus einer Umfrage der ARD hervorgeht.
Ein Drittel (31 Prozent) ist demnach jedoch für eine deutsche Beteiligung, falls der Einsatz durch ein Mandat der Vereinten Nationen gedeckt ist.
Nur fünf Prozent der Befragten finden, Deutschland sollte sich auf jeden Fall an einem solchen Einsatz gegen das Assad-Regime beteiligen. Das Institut befragte am Dienstag und Mittwoch 1500 Wahlberechtigte bundesweit telefonisch.
No hay comentarios:
Publicar un comentario