viernes, 30 de noviembre de 2012

"Lex Google" oder Gerechtigkeit? - DIE WELT

Die Jugendorganisationen der Parteien sind gegen Einführung eines Leistungsschutzrechtes für Medienunternehmen

Die einen sprechen von einer "Lex Google", die anderen von Gerechtigkeit. Die Verleger beklagen seit Langem, dass Suchmaschinen im Internet von der Arbeit der Redaktionen profitieren, ohne dafür eine angemessene Gegenleistung zu erbringen. Google erzielt Werbeeinnahmen in Milliardenhöhe, indem es auf Web-Inhalte anderer Seiten verlinkt. Medienverlage wollen daran beteiligt werden. Eine entsprechende Regelung, das umstrittene Leistungsschutzrecht, sollte in der Nacht zum Freitag erstmals im Bundestag beraten werden.

Die Bundesregierung hatte dazu Ende August einen Gesetzentwurf beschlossen, der Medienverlagen "das ausschließliche Recht" einräumt, ihre "Presseerzeugnisse zu gewerblichen Zwecken im Internet öffentlich zugänglich zu machen". Suchmaschinen müssen demnach Lizenzen von den Verlagen erwerben, wenn sie deren Inhalte nutzen wollen. Der US-Internetkonzern Google kritisiert das neu geplante Leistungsschutzrecht stark und machte dagegen auf den eigenen Web-Seiten mit einer Kampagne Front.

In einem ungewöhnlichen Bündnis über politische Lagergrenzen hinweg haben sich auch die Jugendorganisationen der maßgeblichen politischen Parteien in Deutschland gegen ein neues Leistungsschutzrecht ausgesprochen. Es gebe bereits jetzt technischen Möglichkeiten, Inhalte im Netz dem Zugriff durch Suchmaschinen und News-Aggregatoren zu entziehen, erklärten Junge Union, Jusos, Grüne Jugend, Junge Liberale und Junge Piraten. "Damit bleibt es den Verlagen unbenommen, den Zugriff und die Zugriffsbedingungen für ihre Inhalte zu steuern und auszugestalten." Eine Schutzlücke gebe es nicht. "Es ist uns unbegreiflich, dass der Gesetzgeber der Argumentation der Verlegerverbände folgt, es müsse eine Lücke geschlossen werden."

Dem entgegnete Max Stadler (FDP) als vorgesehener Debattenredner für seine Fraktion auf Anfrage der "Welt", das Urheberrechtsgesetz kenne schon jetzt eine Vielzahl von anderen Leistungsschutzrechten. "Es ist daher im Sinne der Gleichbehandlung schwer einzusehen, warum ausgerechnet Presseverlegern ein solches Leistungsschutzrecht verweigert werden sollte. Verlage sollen künftig im Online-Bereich nicht schlechter gestellt sein als andere Werkvermittler, und nicht mehr und nicht weniger leistet unser Gesetzentwurf", so Stadler, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesjustizministerium, weiter.

Ganz grundsätzlich geht die CDU-Fraktion das Thema Leistungsrecht an: "Es geht um die Frage, wie dereguliert der Wirtschaftsraum Internet – und darum geht es eigentlich, jeglicher Camouflage zum Trotz – sein soll. Sollen die Regeln des liberalen Kapitalismus Angloamerikas gelten ... oder ein auf Ausgleich bedachtes System wie die soziale Marktwirtschaft?", fragt Ansgar Heveling (CDU) für die Unionsfraktion und sieht den Streit über das Leistungsrecht als "Chiffre für ganz andere Debatten". Markenkern unserer Freiheit sei, "nicht ausschließlich das Recht des ökonomisch Stärkeren zu berücksichtigen, sondern einen sorgsamen Ausgleich unterschiedlicher Interessen herbeizuführen", so sein Votum für eine angemessene Beteiligung der Verlage an den Einnahmen der Internetverwerter.

Für die Grünen-Fraktion sollte die Bundestagsabgeordnete Tabea Rössner die Gegenposition beziehen. Das Netz heiße nicht ohne Grund "das Netz", so Rössner zur "Welt". "Es lebt davon, dass Inhalte miteinander verlinkt sind. Aus dem vorliegenden Gesetzentwurf zum Leistungsschutz für Presseverlage geht nicht eindeutig hervor, ob Links als kleine Teile eines Presseerzeugnisses unter das Leistungsschutzrecht fallen", formuliert Rössner. Falls dem so wäre, würde der Informationsfluss im Netz gestört werden. Die ganze Idee des Internets wäre damit ad absurdum gestellt.

Ähnlich argumentiert Petra Sitte von der Linke-Fraktion: "Dieses Gesetz ist völlig unnötig. Schließlich gibt es einfachste technische Möglichkeiten, mit denen Verlage ihre Veröffentlichungen wirksam vor Suchmaschinen schützen könnten", sagte sie dieser Zeitung. Auch die SPD-Fraktion hadert mit dem Gesetzentwurf von Schwarz-Gelb: "Das Leistungsschutzrecht löst keines der drängenden Probleme – weder im Urheberrecht noch bei der Finanzierung des Journalismus", betont Netzpolitiker Lars Klingbeil. Der Zugang zu Informationen und gegenseitige Verlinkungen seien Grundelemente des Internets. Diese würden durch das Leistungsschutzrecht infrage gestellt und weitere Rechtsunsicherheiten geschaffen.

Nach der von Google gestarteten Kampagne sprechen sich jetzt auch führende Urheberrechtsforscher gegen das Vorhaben aus. "Der Bedarf für ein solches Schutzrecht wurde bislang in keiner Weise nachgewiesen", heißt es in einer Stellungnahme, die das Max-Planck-Institut für Wettbewerbsrecht, der Fachausschuss Urheber- und Medienrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR) sowie zahlreiche einzelne Wissenschaftler gemeinsam verfasst haben. Sie warnen vor der "Gefahr unabsehbarer negativer Folgen" für Wirtschaft und Informationsfreiheit in Deutschland.

Nach der ersten Lesung geht das Leistungsschutzrecht in die Fachausschüsse. Ob das Gesetz aber noch in der laufenden Legislaturperiode in zweiter und dritter Lesung verabschiedet werden kann, ist ungewiss.

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