martes, 26 de febrero de 2013

Türkei erwartet Hilfe für geplanten EU-Beitritt - Hamburger Abendblatt

26.02.13, 06:10

Kanzlerin Merkel verspricht Entgegenkommen. Wirtschaft fordert mehr Tempo

Ankara. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan erwartet mehr Unterstützung für die Bemühungen seines Landes um einen EU-Beitritt. Er habe die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) persönlich um ihre Unterstützung gebeten, sagte Erdogan bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Merkel in Ankara. Erdogan betonte die engen wirtschaftlichen Beziehungen beider Staaten. So seien in der Türkei inzwischen etwa 5000 deutsche Firmen vertreten, die mehr als 350.000 Menschen beschäftigten. Auch in Deutschland gebe es türkische Investoren.

Und auch Merkel geht es um eine Verbesserung der deutsch-türkischen Beziehungen - unabhängig von der Frage eines EU-Beitritts. Staatspräsident Abdullah Gül und Ministerpräsident Erdogan empfingen Merkel zu persönlichen Gesprächen in Ankara. Die Kanzlerin will die Verhandlungen trotz des Unmuts der EU über den ungelösten Zypern-Konflikt beschleunigen.

Die Türkei, die 30.000 Soldaten in der Türkischen Republik Nordzypern stationiert hat, erkennt das EU-Mitglied Zypern mit seiner griechisch-zyprischen Regierung im Süden nicht an. Aufgrund der türkischen Weigerung, die See- und Flughäfen für Schiffe und Flugzeuge aus Zypern zu öffnen, blockiert der Europäische Rat 14 Verhandlungskapitel. Merkel setzte sich dafür ein, das Kapitel zur Regionalpolitik dennoch zu öffnen.

Die EU-Kommission begrüßt Anzeichen für eine mögliche Beschleunigung der ins Stocken geratenen Verhandlungen mit der Türkei. "Die Mitgliedstaaten entscheiden über die Geschwindigkeit und den Fortschritt der Beitrittsverhandlungen", sagte ein Sprecher der Kommission. Von den insgesamt 35 Themenbereichen (Kapiteln) der Beitrittsverhandlungen sind bisher erst 13 eröffnet worden.

Nach Ansicht des außenpolitischen Sprechers der Unionsfraktion, Philipp Mißfelder, könnten bis zu einem möglichen Türkei-Beitritt noch Jahre vergehen. Deshalb müsse Deutschland versuchen, das Verhältnis an anderer Stelle zu verbessern, sagte der CDU-Politiker im SWR2-Interview. Die "privilegierte Partnerschaft", wie sie die Kanzlerin lange Zeit favorisiert hatte, sei inzwischen begrifflich "verbrannt". "Den Begriff sollten wir nach hinten stellen, aber wir müssen sie mit Leben füllen."

Die Türkei beantragte den EU-Beitritt bereits 1987. Vor allem CDU und CSU plädierten für eine "privilegierte Partnerschaft" statt einer Vollmitgliedschaft für die Türkei. In EU-Dokumenten taucht der Begriff nicht auf. In einem Präsidiumsbeschluss vom 7. März 2004 schlug die Union zur "Privilegierten Partnerschaft" vor, die zwischen der EU und der Türkei bestehende Zollunion zu einer "alle Gütergruppen umfassenden Freihandelszone" zu erweitern.

Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir warf der Kanzlerin vor, im Bundestagswahljahr Positionen zu räumen, die bis vor Kurzem als unverhandelbar gegolten hätten. Die Regierung habe im Umgang mit der Türkei viel Zeit verloren, kritisierte er im RBB-Inforadio.

Deutschlands Wirtschaft macht sich für eine EU-Perspektive für die Türkei stark. "Die deutsche Industrie will nicht nur, dass sich die Politik bald entscheidet. Die Industrie befürwortet die Fortsetzung von EU-Beitrittsverhandlungen", sagte der Präsident des Industrieverbandes BDI, Ulrich Grillo. Allerdings dürfe es kein Aufweichen der Beitrittsziele geben. Deutschland ist wichtigster Handelspartner der Türkei.

Merkel versicherte Ministerpräsident Erdogan außerdem, Deutschland werde den Kampf gegen die verbotene Kurdische Arbeiterpartei PKK weiter unterstützen. "Alles, was in unserer Macht steht, Terrorismus zu bekämpfen, werden wir tun", sagte Merkel. "Da sind wir sehr sensibel und gehen allen Verdachtsmomenten nach." Sie sagte zudem, Deutschland werde alles tun, um die von der rechtsextremen Terrorzelle NSU verübten Morde aufzuklären und Verantwortliche zu bestrafen. Auch die türkische Gemeinde in Deutschland hatte die Bundesregierung zu einer Aufklärung der Ermittlungspannen aufgerufen und Kampf gegen Rassismus angemahnt.

Weitere Themen von Merkels Türkei-Besuch waren Visum-Erleichterungen und der Syrien-Konflikt. Am Montagmorgen hatte Merkel frühchristliche Kulturdenkmäler in der zentralanatolischen Region Kappadokien besichtigt. Die zum Teil weit mehr als 1000 Jahre alten Höhlenkirchen gehören zum Unesco-Weltkulturerbe. Merkel integriert in ihre Auslandsreisen äußerst selten touristische oder kulturelle Ausflüge. Meistens bleibt es bei reinen Arbeitsbesuchen. Die Kanzlerin will damit ihre Wertschätzung für die Türkei als Kulturnation ausdrücken.

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