viernes, 1 de febrero de 2013

FORMEL 1: Rundhatz auf Nürburgring - Märkische Allgemeine

ADENAU - Wer als kleiner Bub im Südwesten der Bundesrepublik aufgewachsen ist, der hat, wenn jemand auf den Nürburgring zu sprechen kommt, unweigerlich die sonoren Stimmen der Reporterlegenden Rudi Michel und Fritz Danko im Ohr: „Juan Manuel Fangio in seinem Ferrari, hart bedrängt von Bernd Rosemeyer im Silberpfeil, ein packendes Rennen..." Ein Rennen auf dem alten Nürburgring freilich, jenem legendären Berg- und Tal-Kurs in der Eifel, den der Formel-1-Fahrer Jackie Stewart im Zorn eine „grüne Hölle" genannt haben soll. Einmal, einmal nur wollte man dabei sein, wenn die Könige des Automobilrennsports im Südwestzipfel der Republik ihre Aufwartung machten.

In den fünfziger und sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts übertrug der Rundfunk immer am ersten Wochenende im August den „Großen Preis von Deutschland". Alle Größen des Motorsports haben sich in der Eifel in Siegerlisten eingetragen: Jack Brabham, Phil Hill, Denis Hulme, John Surtees, Stirling Moss, James Hunt, Alan Jones, Niki Lauda, Keke Rosberg, Jody Scheckter, Alain Prost, Ayrton Senna, Emerson Fittipaldi und – Michael Schumacher. Der schreckliche Feuerunfall von Niki Lauda 1976 brachte den Abschied von der heckenumsäumten Strecke.

Vor zwanzig Jahren wurde der Südteil der alten Strecke zu einem modernen Kurs umgebaut. Der Wanderzirkus des Formel-1-Allmächtigen Bernie Ecclestone war da längst ins nordbadische Hockenheim ausgewandert – eine vergleichsweise sichere Rennstrecke vom Reißbrett, ohne den rauen Charme der frühen Jahre. Erst 1984, als die wesentlich kürzere Strecke fertig war, die den Namen Nürburgring kaum mehr verdient, kehrte der Zirkus für zwei Jahrzehnte zurück – im jährlichen Wechsel mit Hockenheim. Bis es im Vorjahr hieß: Aus. Schluss. Pleite.

Seit gestern keimt wieder Hoffnung in der Eifel, „dem ärmsten Kreis im Lande Preußen", wie das Reichsverkehrsministerium in Berlin schon in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts befand. Eine Rennstrecke für Automobilisten wollte man damals bauen lassen, ein Prestigeobjekt, und fand einen Platz dafür in der entlegenen Provinz.

Auf dem Nürburgring sollen also doch „die Lichter nicht ausgehen", wie es der gerade aus dem Amt geschiedene Ministerpräsident Kurt Beck als eine Art Vermächtnis hinterlassen hat. Auch er wollte der strukturschwachen Region etwas Gutes angedeihen lassen und war grandios gescheitert.

Ob Ecclestone mit seiner Zusage für ein Formel-1-Rennen im Juli Traditionsgefühle entwickelt hat, wie er selbst sagt, oder ob der deutsche Werbemarkt letztlich doch zu bedeutsam ist, als dass man auf das Spektakel verzichten könnte, lässt sich nicht eindeutig klären. Die neue rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) jedenfalls, habe sich hoch erfreut über die Entwicklung der Dinge gezeigt. Sie hat allen Grund, erleichtert zu sein. Die nahezu landeseigene Nürburgring GmbH (NG) als Besitzer der Rennstrecke und des benachbarten, überdimensionierten Freizeitparks hatte im Vorjahr Insolvenz anmelden müssen. Im Juli 2009 scheiterte die internationale Privatfinanzierung des Nürburgrings spektakulär. Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) musste zurücktreten. Die Eröffnung des Freizeitparks stand unter einem unglücklichen Stern. Im Mai 2010 übernahm die Nürburgring Automotive GmbH (NAG) als neuer Privatbetreiber den unfertigen Rummelplatz.

2012 eskalierte der Streit zwischen der rot-grünen Landesregierung und den Privatbetreibern wegen ausstehender Pachtzahlungen. Ministerpräsident Beck kündigt an, dass die Nürburgring GmbH vor der Insolvenz stehe, weil die EU-Kommission eine Landeshilfe verweigere. Im November kam es zu einem mühsamen Vergleich.

Vor diesem Hintergrund setzte der Internationale Automobilverband FIA den 7. Juli für den Großen Preis von Deutschland an, nannte aber keinen Ort. Es sah so aus, als habe die Traditionsstrecke ihre Zukunft hinter sich – weil sie ein Freizeitpark werden sollte: 330 Millionen Euro hat das Land an Steuergeldern in ein Projekt gesteckt, das an Größenwahn grenzt.

„Der Nürburgring ist jedem ein Begriff und für uns alle ist es sehr wichtig, den Grand Prix dort zu fahren", erklärte der dreifache Weltmeister Sebastian Vettel gestern angesichts der nahenden Rettung und griff tief in die Gefühlswelt der Motorsportszene: „Der Mythos des Nürburgringes ist etwas ganz Besonderes, und alles, was drum herum dazu gehört, ist ein Erlebnis. Dieses Erlebnis darf man nicht aussterben lassen." Am 7. Juli, vier Tage nach seinem 26. Geburtstag, will der Heppenheimer Red-Bull-Pilot möglichst einen Heimsieg erringen. (Von Reinhard Urschel)


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