sábado, 29 de diciembre de 2012

Analyse: UN: Deutschland wieder zweitklassig - RP ONLINE

New York/Genf (RP). Deutschland verabschiedet sich als nichtständiges Mitglied aus dem Uno-Sicherheitsrat. Hoffnungen auf einen permanenten Sitz am Tisch der Mächtigen darf sich Deutschland allerdings nicht machen.

Deutschland muss Abschied nehmen – Abschied vom Club der Macht, dem Weltsicherheitsrat in New York. Ende Dezember scheidet das nichtständige Mitglied nach zwei Jahren turnusgemäß aus dem Spitzengremium der Vereinten Nationen aus. Zum fünften Male in der Geschichte der Uno konnte die Bundesrepublik über Krieg und Frieden mitentscheiden – als Mitglied zweiter Klasse. Denn über die eigentliche Macht verfügen die fünf ständigen Ratsmitglieder: die USA, China, Russland, Frankreich und Großbritannien. Sie haben das Recht, alle Entscheidungen zu blockieren. Deutschland als eines der zehn nichtständigen Mitglieder konnte nur begrenzt Akzente setzen. Der Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), Eberhard Sandschneider, beurteilt die deutsche Leistung so: "Ordentlich, wenn auch weithin unspektakulär." Der deutsche Botschafter bei der Uno, Peter Wittig, betont: "Wir haben unser Bestes versucht, um der Arbeit des Sicherheitsrates Mehrwert zu geben."

Welche Berliner Entscheidung sorgte für die größte Aufmerksamkeit?

In der Bilanz sticht eine Entscheidung heraus: Am 17. März 2011, die Bundesregierung hatte sich gerade an ihre neue Machtfülle gewöhnt, votierte der Sicherheitsrat über Libyen. Das Gremium ermächtigte die Uno-Mitglieder, Gewalt zum Schutz der Zivilbevölkerung zu ergreifen, und errichtete eine Flugverbotszone. Die Resolution forcierte den Sturz des Schreckensherrschers Muammar al Gaddafi. Alle westlichen Verbündeten Deutschlands stimmten dafür. Die Bundesrepublik enthielt sich jedoch auf Geheiß von Bundesaußenminister Guido Westerwelle der Stimme – zusammen mit Russland, China, Brasilien und Indien.

Die Reaktionen auf den kurzfristig beschrittenen deutschen Sonderweg konnten krasser nicht ausfallen. Der frühere Bundesaußenminister Joschka Fischer zischte: "Mir bleibt nur die Scham für das Versagen unserer Regierung." Der Historiker Heinrich August Winkler dozierte: Die Libyen-Enthaltung sei "vermutlich der größte politische Fehler, der in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland auf außenpolitischem Gebiet überhaupt gemacht worden ist". Amerikanische, britische und französische Regierungsvertreter warnten, dass Berlin sich in der Isolation verirre. Und der französische Philosoph Bernard-Henri Lévy, der für eine Militärintervention getrommelt hatte, prophezeite: Deutschland werde "bitter bezahlen".

Welche Konsequenzen hatte die Libyen-Entscheidung?

Letztlich blieb die Libyen-Krise jedoch ohne längerfristige Auswirkungen. Der Sturm der Entrüstung zog vorbei. "Eine Isolierung Deutschlands auf internationaler Ebene und von den wichtigsten Verbündeten ist nicht eingetreten", analysiert die Generalsekretärin der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN), Beate Wagner. Auch DGAP-Forschungsdirektor Sandschneider betont: "Die Libyen-Entscheidung wird der deutschen Außenpolitik nicht nachhaltig schaden." Wie hätte sich Deutschland im März 2011 elegant aus der Affäre ziehen können? Die Bundesregierung, so erklärt Sandschneider, hätte mit Ja stimmen sollen. "Aber unter dem Vorbehalt, dass sich die Bundeswehr nicht militärisch in Libyen engagiert", ergänzt er.

Agierte Deutschland in anderen Krisen geschickter?

Besonders im Syrien-Konflikt machte Deutschland eine gute Figur. Das nichtständige Mitglied drängte im Sicherheitsrat früh auf eine harte Gangart gegenüber Syriens Diktator Baschar al Assad. Die Bundesregierung pochte darauf, dass die Verantwortlichen für die Verbrechen in dem Bürgerkrieg juristisch zur Rechenschaft gezogen werden. "Die deutschen Diplomaten haben sich in der Syrien-Krise sehr kreativ und ideenreich engagiert, das wird auch von den westlichen Partnern honoriert", urteilt DGVN-Generalsekretärin Wagner. Letztlich blieben aber die Bemühungen, das Blutvergießen zu stoppen, vergeblich. Denn die Uno-Vetomächte Russland und China blockieren bislang alle scharfen Beschlüsse gegen Assad. Mit mehr Erfolg machte sich Deutschland hingegen für einen besseren Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten stark. Auf Drängen Berlins prangert die Uno seit 2011 mit ihrer "Liste der Schande" auch diejenigen Kriegsparteien an, die Schulen und Krankenhäuser angreifen. "Deutschland hat sich vorbildhaft eingesetzt. Die Ausweitung der Liste der Schande kann zu Strafen für diejenigen führen, die bewusst Wehrlose in Schulen und Krankenhäusern attackieren", lobt die Uno-Sonderbeauftragte für Kinder und bewaffnete Konflikte, Leila Zerrougui.

Gibt es eine besonders kluge Entscheidung der Deutschen?

In der Entscheidung der Vollversammlung über eine Aufwertung der palästinensischen Gebiete zum UN-Beobachterstaat konnte Berlin seine Solidarität mit Israel deutlich machen, weil es nicht dafür stimmte. Zugleich wurde Kritik an Israels Siedlungspolitik deutlich, weil Berlin auch nicht mit Nein votierte. "Vielleicht war das der weiseste Entschluss der ganzen turbulenten Woche", sagte ein westlicher Diplomat später.

Wie schätzt die Öffentlichkeit die Arbeit ein?

Wittig und sein Chef Westerwelle haben Spuren hinterlassen. Sie mühten sich nicht nur um den Schutz von Kindern in Kriegen, sondern setzten auch die Klimapolitik auf die Tagesordnung und versuchten eine moderne Afghanistan-Politik. Ehrenwerte Aufgaben, die jedoch von der Öffentlichkeit wenig beachtet wurden. Gute, aber keine sehr guten Noten gibt es von Menschenrechtlern. "Deutschland war einer der offensten und konsequentesten Staaten im Rat, wenn es um Menschenrechte ging", sagt Philippe Bolopion von Human Rights Watch. "Aber bei dem Einfluss, den die Deutschen mittlerweile haben, hätten sie mehr für die Durchsetzung einer internationalen Strafjustiz tun können, gerade bei Libyen und Sudan."

Sind die Chancen auf einen ständigen Sitz Deutschlands im Sicherheitsrat gestiegen?

Berlin reklamiert für sich offiziell weiter einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat. Die letzten zwei Jahre am Hufeisentisch beeinflussen die Chancen Berlins aber kaum – die Chancen stehen ohnehin seit Jahren schlecht. Um einen permanenten Sitz zu ergattern, müssten die Mitglieder die Uno-Charta ändern. "Ich halte das für völlig unrealistisch", urteilt DGVN-Generalsekretärin Wagner. "Die Realisierungschancen stehen praktisch bei null", dämpft auch DGAP-Forschungsdirektor Sandschneider alle Hoffnungen: Gegen eine Charta-Änderung würde sich zu viel Widerstand formieren – zumal die fünf ständigen Sicherheitsratsmitglieder, an der Spitze die USA, davon nichts wissen wollten. So kann die Bundesregierung nur darauf hoffen, dass die Uno-Vollversammlung in einigen Jahren Deutschland wieder in den Sicherheitsrat wählt – und zwar wieder als Mitglied zweiter Klasse.



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