jueves, 27 de diciembre de 2012

"CSU ist nicht Merkels schnurrendes Kätzchen" - DIE WELT

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) gibt die in Umfragen tief gestürzte FDP nicht auf: Er wünscht sich für 2013 eine Fortsetzung der schwarz-gelben Koalition – und von seiner Partei Selbstbewusstsein gegenüber der mächtigen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Was seine bayerische Heimat angeht, sähe er am liebsten Parteifreundin und Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner als Thronfolgerin von Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer. Im Interview mit der "Welt" schildert Ramsauer außerdem seine Sichtweise auf das Debakel um den Berliner Großflughafen, die Pkw-Maut und bezahlbaren Wohnraum für die Deutschen.

Die Welt: Herr Minister, wo steht Ihr Lieblingsflughafen?

Peter Ramsauer: Am liebsten ist mir die "Landebahn" für das Auto vor meinem Haus. Zweitens gefällt mir der Flugplatz der Deutschen Alpen-Segelflugschule in Unterwössen in den Bergen des Chiemgaus. Drittens finde ich als Bayer den Franz-Josef-Strauß-Flughafen toll. München wurde pünktlich fertig und blieb im Kostenrahmen. Aber als Bundesverkehrsminister liegt mir das Wohl aller deutschen Flughäfen am Herzen.

Die Welt: Die Eröffnung des Berliner Großflughafens wurde bereits drei Mal verschoben. Wann geht der BER in Betrieb?

Ramsauer: Der Miteigentümer Bund sieht Anzeichen dafür, dass der Eröffnungstermin am 27. Oktober 2013 möglicherweise nicht gehalten werden kann. Definitives wird aber erst im kommenden Jahr feststehen. Ein Risiko besteht nach wie vor darin, ob der Brandschutz gewährleistet werden kann. Dafür müssen noch zahlreiche Tests durchgeführt werden.

Die Welt: Die Baukosten des BER sind völlig aus dem Ruder gelaufen. Ursprünglich sollten es rund zwei Milliarden Euro sein. Können Sie garantieren, dass es bei den inzwischen 4,3 Milliarden Euro bleibt?

Ramsauer: An Spekulationen, ob das noch mehr wird, will ich mich nicht beteiligen. Aber es gibt auch Risiken bei den Kosten. Darum muss sich das Management der Flughafen-Gesellschaft kümmern. In der von mir eingerichteten Soko BER hatte Flughafen-Chef Rainer Schwarz im Dezember gesagt: Der Kostenrahmen steht.

Die Welt: Ihr Vertrauen in Schwarz haben Sie verloren. Welche Verantwortung trägt Berlins Regierender Bürgermeister und Flughafen-Aufsichtsratschef Klaus Wowereit?

Ramsauer: Politische Schuldzuweisungen helfen nicht weiter. Dem Bund geht es um die Sache, um den Erfolg des BER. Ein Aufsichtsratschef ist dafür verantwortlich, dass das Management funktioniert. Gemeinsam mit dem Aufsichtsrat muss er kontrollieren. Was aber, wenn die zu kontrollierenden Manager nicht alle Informationen preisgeben? Und wenn dadurch Risiken entstehen – also die abermalige Verschiebung des Eröffnungstermins? Diese Frage muss jeder für sich selbst beantworten.

Die Welt: Anteilseigner des BER sind die Länder Berlin und Brandenburg sowie der Bund. Ihr Staatssekretär sitzt ebenfalls im Aufsichtsrat. Hat Ihr Haus nichts falsch gemacht?

Ramsauer: Rückblickend fragen sich auch die Staatssekretäre des Bundes: Haben wir kritisch genug hingesehen? Das Kernproblem ist aber: Es lagen nicht alle entscheidenden Fakten auf dem Tisch der Aufsichtsräte. Die Soko BER, die ich im Mai eingerichtet habe, ist ein klares Kontroll- und Lenkungsinstrument, um dem Management genau auf die Finger zu schauen.

Die Welt: Das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 wird ebenfalls zum Milliardendesaster: Es verteuert sich um mehr als eine Milliarde auf jetzt 5,6 Milliarden Euro. Der Bund ist Eigner der Bahn AG. Muss er eingreifen?

Ramsauer: Die Bahn hat darüber den Aufsichtsrat informiert und von dort Hausaufgaben erhalten, offene Fragen zu klären. Wichtig ist für mich: Das Bahnhofsprojekt ist ein eigenwirtschaftliches Vorhaben der Bahn. Das Projekt Stuttgart 21 kannibalisiert kein einziges anderes Bahnprojekt, wie das die SPD behauptet.

Die Welt: Warum wird Stuttgart 21 nicht gestoppt?

Ramsauer: Weil alle Projektpartner zu diesem Vorhaben stehen. Das Land Baden-Württemberg, die Stadt Stuttgart, der regionale Wirtschaftsverband und die Bahn: Sie alle müssen über die Mehrkosten sprechen. So steht es in den Verträgen.

Die Welt: Für die Elbphilharmonie in Hamburg sind Sie nicht zuständig. Aber sollte die öffentliche Hand nicht besser die Finger von solchen Bauprojekten lassen?

Ramsauer: Öffentliche und private Bauherrn kochen mit dem gleichen Wasser. Beide beauftragen ausführende Firmen. In Hamburg ist dies ein Konsortium um einen Bau-Konzern. Auch im privaten Bausektor gibt es Pfusch, Verzögerungen und Kostensteigerungen. Das entschuldigt für den öffentlichen Bauherrn gar nichts. Aber man sollte ihn nicht schlechter machen als er ist. Mit dem Wetter, schlechtem Baugrund, Insolvenzen, steigendem Baupreisindex, Sonderkonstruktionen und vielen weiteren Risiken hat jeder zu kämpfen, der baut.

Die Welt: Sollten solche Bauten gestoppt werden? Eine Ruine könnte ein Mahnmal für künftige Projekte sein.

Ramsauer: In Bonn stand 20 Jahre lang eine Ruine, der Rohbau eines Hotels. Später wurde es gesprengt und abgerissen. Es war übrigens eine private Investition. Von Bauruinen halte ich als Bundesbauminister naturgemäß nicht sehr viel.

Die Welt: Welche Konsequenzen ziehen Sie aus den Pannen bei öffentlichen Großprojekten?

Ramsauer: Es muss künftig noch stärker von Anfang an Klarheit und Wahrheit bei den Kosten geben. Die Projekte dürfen auf keinen Fall vor Baubeginn unrealistisch runtergerechnet werden. Sonst sind Nachträge vorprogrammiert. Der Steuerzahler darf nicht an der Nase herum geführt werden. Und auch für die Planung selbst ist diese Klarheit entscheidend.

Die Welt: Herr Ramsauer, vor allem in den Großstädten finden normale Arbeitnehmer und Familien nur noch schwer bezahlbaren Wohnraum. Muss die Politik handeln?

Ramsauer: Ja – und sie tut es auch. Im letzten Jahrzehnt ist die Wohnungsbautätigkeit zurückgegangen. die Verknappung führt jetzt zu anziehenden Immobilienpreisen und steigenden Mieten. Aber auch zu deutlich mehr Genehmigungen für Bauvorhaben. Der Wohnungsmarkt ist ein schwerer Tanker, den man nicht auf Knopfdruck umsteuern kann. Das braucht Zeit.

Die Welt: Sollte der Staat den Wohnungsbau ankurbeln?

Ramsauer: Wo der Wohnungsmarkt überhitzt und zu sozialen Härten führt, muss die öffentliche Hand eingreifen. Das tut sie bisher auf zwei Arten: Für finanziell Bedürftige gibt sie für Unterkunftskosten und Wohngeld 17 Milliarden Euro im Jahr aus. Als Bund reichen wir jährlich zusätzlich 518 Millionen Euro an die Länder weiter, damit sie soziale Wohnraumförderung betreiben.

Die Welt: Reicht das?

Ramsauer: Wir sprechen mit den Ländern darüber, was wir tun können. Die Länder wollen ab 2014 keine Zweckbindung mehr für die Mittel, die vom Bund kommen. Das geht natürlich nicht. Das Geld muss unmittelbar in den sozialen Wohnungsbau fließen. Auch wenn jedes Land für sich gesehen in einer anderen Situation ist.

Die Welt: Man könnte die im Jahr 2006 ausgelaufene Eigenheimzulage wieder einführen.

Ramsauer: Für unsere Gesellschaft ist Eigentumsbildung elementar wichtig. Im nächsten Koalitionsvertrag sollte stehen, wie die Eigentumsbildung noch besser gefördert werden kann. Ein Beispiel: Die Wohn-Riester-Förderung läuft erfolgreich und kann weiter ausgebaut werden. Man darf auf keinen Fall eine Vermögenssteuer erheben, wie es die SPD will. Zweitens sollten die Gemeinden ihre Grundsteuern nicht weiter erhöhen. Drittens sollten die Länder ihre Grunderwerbssteuern niedrig halten. Man kann sich hier Bayern, wo 3,5 Prozent gezahlt werden, zum Vorbild nehmen.

Die Welt: Die Union will unbedingt mit der FDP nach 2013 weiterregieren. Welche Projekte wollen Sie mit den Liberalen noch anstoßen?

Ramsauer: Die FDP ist ein verlässlicher Partner, mit dem wir nachhaltiges Wirtschaftswachstum sichern und die gesamte Verkehrsinfrastruktur fördern können. Ich kämpfe trotz aller Probleme der schwarz-gelben Koalition für eine Weiterführung des Bündnisses. Unser Wertegerüst verfügt über die meisten Gemeinsamkeiten. Das sage ich als jemand, der auch vier Jahre Verantwortung in der großen Koalition mit der SPD im Bund getragen hat.

Die Welt: Mit der FDP werden Sie keine Maut durchsetzen können.

Peter Ramsauer: Die FDP ist gegen die Maut? Welche FDP meinen Sie denn?

Die Welt: Die FDP von Philipp Rösler und Patrick Döring.

Ramsauer: Die bayerische FDP denkt zum Beispiel anders. Wir brauchen für die Verkehrsinfrastruktur endlich nachhaltig zuverlässige Finanzierungsquellen. Während meiner Amtszeit habe ich zusätzliche Milliardensummen obendrauf bekommen. Die einfachste Lösung wäre, den Verkehrsetat dauerhaft aufzustocken. Auch das wird Gegenstand von Koalitionsgesprächen – ebenso wie eine Maut.

Die Welt: Die nächste Regierung wird also eine Pkw-Maut auf Autobahnen zwingend einführen müssen?

Ramsauer: Die nächste Regierung wird zwingend sagen müssen, wie man die Unterfinanzierung des Verkehrsetats anpackt. Wer sich der Maut verweigert, muss mit Blick auf die Instandhaltung und den Ausbau der Verkehrswege andere Lösungswege aufzeigen. Bund, Länder, Kommunen: Alle müssen sich diese Frage stellen.

Die Welt: Mit SPD und Grünen hätten Sie es leichter.

Ramsauer: Wie gesagt: Wer nachhaltige Alternativen hat, muss sie auf den Tisch legen. Die FDP ist doch eine Wirtschaftspartei, eine Infrastrukturpartei. Den Zusatz-Milliarden für meinen Etat hatte aber auch die FDP zugestimmt.

Die Welt: Rechnen Sie für 2013 mit einem Lagerwahlkampf?

Ramsauer: Die politischen Konstellationen eignen sich nicht für einen Lagerwahlkampf. Den Wahlkampf werden wir "Modell offen" führen und auf die Kanzlerin ausrichten. Sie ist der Garant unserer soliden Politik. Deutschland steht in diesen Krisenzeiten hervorragend da.

Die Welt: Also Merkel pur – wo bleibt da die CSU?

Ramsauer: Die CSU wird sicher nicht der Kanzlerin nur als "schnurrendes Kätzchen" hinterherlaufen. Die CSU weiß aber, was sie an dieser Kanzlerin hat. Gemeinsam sind wir stark.

Die Welt: CSU-Chef Seehofer spricht bereits viel über seine Nachfolge. Kann man damit Wähler für die Landtagswahl 2013 mobilisieren?

Ramsauer: Es spielt in Bayern keine Rolle, ob jemand sagt, dass er noch fünf oder zehn Jahre im Amt bleiben will. Die Bayern identifizieren sich weniger mit Personen, sondern mehr mit ihrem Freistaat und mit der CSU als politischem Angebot.

Die Welt: Verbraucherministerin Ilse Aigner steht bereits in den Startlöchern für den Wechsel nach München.

Ramsauer: Ilse Aigner fühlt sich wohl damit, nach München zu gehen. Sie hätte hervorragende Voraussetzungen für das Amt der Parteivorsitzenden und Ministerpräsidentin. Sie bringt alles mit, was man sich an Anforderungen für das Aufgabenprofil vorstellt.

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